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Im Gespräch mit Boian Videnoff

Boian Videnoff dirigiert die Mannheimer Philharmoniker bei Klassik an der Donau
Boian Vi­de­noff di­ri­giert die Mann­hei­mer Phil­har­mo­ni­ker bei Klas­sik an der Donau
Herr Videnoff, Sie haben 2009 die Mannheimer Philharmoniker gegründet. Was hat Sie dazu veranlasst?
Boian Videnoff: Ich war damals selbst noch Student und wollte ein Orchester für junge Musiker ins Leben rufen. Es gibt sehr viele herausragende Talente, die beim Vorspielen für eine Stelle in einem Orchester nicht genommen werden, weil es einfach an der Erfahrung fehlt. Man muss bei so einem Vorspiel perfekt abliefern, da ist die Anspannung natürlich groß. Doch wie soll man Erfahrungen sammeln können, wenn man nicht die Gelegenheit bekommt, in einem Orchester mitzuwirken? Also kam ich auf die Idee, selbst eines zu gründen.
Hat sich Ihre Vorstellung seitdem erfüllt? Was ist das Besondere an dem Orchester?
Videnoff: Voll und ganz, die Mannheimer Philharmoniker sind eine Art Inkubator. Die Musiker wachsen gemeinsam an ihrer Aufgabe und haben dann die nötige Reife, um sich bei einem großen Orchester zu bewerben. Viele ehemalige Kollegen haben inzwischen Top-Stellen bekommen, teilweise auf internationaler Ebene. Genauso war es gedacht. Das Niveau an den Musikhochschulen ist sehr hoch, viel höher als noch vor einigen Jahren. Es gibt neben unserem Orchester nur noch eines in Miami, das nach diesem Prinzip der Talentförderung arbeitet. Die Idee kommt auch unter den Profimusikern gut an, denn wir haben immer wieder die Möglichkeit, mit Solisten von Weltrang zu arbeiten. Sie schätzen die Spielfreude sowie die frischen Interpretationen unserer Musiker. Es macht sehr viel Freude zu sehen, was entstehen kann, wenn alle an einem Strang ziehen.
Wie hat sich Corona auf die Mannheimer Philharmoniker ausgewirkt?
Videnoff: Natürlich tragisch, da ist eine Katastrophe über uns alle hereingebrochen. Die Musiker werden pro Projekt bezahlt und sind nicht fest angestellt. Das hat mit unserer Finanzierungsstruktur als freies Sinfonieorchester zu tun. Das vergangene Jahr war für junge Künstler ohne festes Einkommen wirklich sehr schwierig.
Wie ist der Terminplan in diesem Jahr gefüllt?
Videnoff: Es geht auf jeden Fall aufwärts. Die Bundesregierung hat uns Kulturschaffenden ein gutes Signal gegeben, indem sie einen Sonderfonds eingerichtet hat. Ansonsten müsste man als Veranstalter ein großes Risiko auf sich nehmen. Das macht die Planungen jetzt etwas leichter.
Wählen Sie eigentlich ihre Solisten immer selbst aus? Was müssen Sie tun, damit sich Top-Solisten für Sie interessieren?
Videnoff: Wir haben das große Glück, dass wir viele namhafte Solisten inzwischen zu unseren Freunden zählen dürfen. Sie schätzen die Aufgeschlossenheit unserer jungen Musiker, alles aufzunehmen wie ein Schwamm und lernwillig zu sein. Sergei Babayan zum Beispiel, der ja auch in Straubing dabei ist, hat schon oft bei uns gespielt und kommt immer wieder gerne. Das freut mich natürlich sehr. Mit jedem der Auftritte wächst auch das Profil des Orchesters.
Wie würden Sie das Programm beschreiben, das bei Klassik an der Donau zu Gehör kommt?
Videnoff: Es ist ein sehr sommerliches Programm, das perfekt zu einer Open-Air-Veranstaltung passt. Das Lied am Ende der Mahler-Sinfonie, das Sopranistin Sarah Traubel singt, ist etwas ganz Besonderes. Auch das Martucci-Notturno am Anfang des Programms ist malerisch und hat zudem etwas von Mahler. Die beiden Werke sind wie eine Umarmung für die Mozart-Stücke, die wir aufführen. Die Kombination Pianist und Sängerin passt wunderbar. Ich würde sagen, das Programm geht unter die Haut.
Was halten Sie vom Ansatz des Festivals, klassische Musik für alle zugänglich zu machen?
Videnoff: Das ist extrem wichtig und genau mein Credo! Wir haben vor Corona in Mannheim Pop-up-Konzerte an verschiedenen Orten veranstaltet, um die Musik zu den Menschen zu bringen. Man muss denjenigen, die noch nie mit Klassik in Berührung gekommen sind, eine Brücke bauen. Wenn sie merken, dass die Musik sie gefühlsmäßig berührt, kommen sie auch in die Konzertsäle.
Sie werden zwischen den Konzertterminen zwei Tage lang in Straubing übernachten. Was haben Sie vor?
Traubel: Wir wollen schöne Tage in Straubing verbringen. Es ist immer lustig, wenn eine größere Truppe gemeinsam unterwegs ist. Wir werden zusammen musizieren und uns die Stadt ansehen. Wir freuen uns auf zwei schöne Konzertabende in Straubing!
Interview: Karola Decker
Boian Videnoff dirigiert die Mannheimer Philharmoniker bei Klassik an der Donau
Boian Videnoff (Foto: Daniel Wetzel)
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